Weiße Haie

“Wie oft lebst Du noch mal?”

Das hat mich mein lieber australischer Kumpel gefragt, als ich unschlüssig war, ob ich in den Käfig gehen und mit weißen Haien tauchen wollte oder nicht.

An dieser Stelle möchte ich sagen, dass Andrew Fox und seine Crew absolute Profis sind. Sie wissen, was sie tun, und sie tun es sehr gut. Sie nehmen die eigene Sicherheit sehr ernst und sind ein fürsorglicher und netter Haufen, der immer für einen da ist.
Nochmals vielen Dank, Leute!

Aber fangen wir am Anfang an:

Es war eine lange Reise, um überhaupt den Startpunkt zu erreichen: Wir nahmen einen Flug von Perth nach Adelaide, holten den Mietwagen am Flughafen ab und fuhren dann 7 Stunden von Adelaide über Augusta nach Port Lincoln. Wir kamen gegen 19 Uhr in Port Lincoln an. Eine Stunde später würden wir von Crewmitgliedern von Rodney Fox Shark Expeditions in einem Restaurant am Yachthafen abgeholt werden. Also nutzten wir die Gelegenheit und nahmen ein kurzes Abendessen ein, bevor wir für die nächsten 4 Tage festen Boden unter den Füßen haben würden.

Australien kann im Winter wirklich kalt sein und kurz bevor dieser Teil unserer Reise begann, zeigte auch das Wetter seine wilde Seite: Regen und starker Sturm. Windgeschwindigkeit um 55 Knoten (= 10+ Beaufort-Skala, >100 km/h, Wellenhöhe 9-12,5 m).

Wegen des schlechten Wetters haben alle Firmen ihre Touren für den nächsten Tag abgesagt. “Alle Unternehmen?” Nun, nicht Andrew Fox, sonst würde diese Geschichte an dieser Stelle enden. Wie Sie sich vorstellen können, waren wir froh über diese Entscheidung. Eine kurze Fahrt im Auto zum Ankerplatz und dann gingen wir an Bord der Princess II.

Featured by Hera Lind

Der folgende Abschnitt wurde von mir im Rahmen einer
von Hera Lind präsentierten Lesung vorgetragen.

Die Prinzessin und der Seelöwe

“Alle mal herhören!”

Der Kapitän des kleinen Expeditionsschiffes baute sich selbstbewußt und in voller Größe in der Mitte der Messe auf und der so spät abends ohnehin etwas spärlich ausgeleuchtete Raum schien dadurch sogar noch etwas dunkler zu werden.
Breitbeinig, den Rücken durchgestreckt, die Hände fest in die Hüfte gestemmt, empfing er uns mit einem breiten Lächeln. Mit seinen kurzen, strubbeligen Haaren, dem dicken Bauch und den Mund randvoll mit strahlend weißen Zähnen, wirkte er wie ein großer, knuddeliger Teddybär-Kapitän aus einer Zahnpastawerbung.

“Im Falle eines Notfalls ertönt das Signalhorn. Greift dann sofort eure Schwimmweste und begebt euch unverzüglich zum MusterPoint oben an Deck. Sollten wir das Schiff verlassen müssen, benutzen wir alle das eine große Schlauchboot. Sollten wir aus irgendeinem Grund das Schlauchboot nicht benutzen können, so springen wir alle ins Meer, wenn ich das sage. – Und jetzt nochmal herzlich willkommen auf der Princess II.”

Wir fünf Teilnehmer grunzten zustimmend, ja nickten fast automatisch, so wie man das bei einer der immer gleichen Sicherheitseinweisung an Bord eines Flugzeugs machen würde, wenn den gelangweilten Passagieren tapfer erklärt wird, wie man einen Sicherheitsgurt öffnet und schließt. Doch offensichtlich brannte in einem abgelegenen Teil meines Hirns so spät doch noch Licht und das wachhabende Adrenalin schickte pflichtbewußt sofort zwei Gedanken auf den langen Weg.

“Princess II? Was ist denn mit Princess I …”, noch bevor ich dies zuende denken konnte wurde dieser Gedanke gnadenlos vom zweiten rechts überholt und so entfuhr es mir nervös grinsend stattdessen: “Moment mal, wir starten doch heute Nacht um auf hoher See weiße Haie zu beobachten.” Ich räusperte mich, damit sich meine Stimme nicht überschlug. “Ist das nicht gefährlich, wenn wir da ins Wasser springen?”

Auch die anderen am Tisch waren nun hellwach und starrten den Teddybär-Kapitän mit weit aufgerissenen Augen erwartungsvoll an. Den brachte das überhaupt nicht aus der Ruhe und aufmunternd brummte er uns zu: “Eventuell mit einem Hai zu schwimmen, ist immer noch besser als auf jeden Fall zu ersaufen. So, ab in die Kojen, um 04:00Uhr heute Nacht laufen wir aus.”

Schulterzuckendes Gemurmel und ein vereinzeltes “ja, wenn er das so sagt..” waren zu hören und für den Moment sollte uns das genügen.
Die Kajüten waren für ein nur 23 Meter langes Schiff sehr komfortabel und die Kojen hatten einen dicken und hohen Holzrahmen, der die Matratze um etwa 20cm überragte.

Pünktlich um 04:00Uhr erwachte die Prinzessin zum Leben und ihr altes Dieselherz begann kräftig und ruhig zu schlagen. Nun ging es also los. Das Wetter hatte sich in der Zwischenzeit massiv verschlechtert und kaum hatten wir den schützenden Hafen verlassen, befanden wir uns auf sturmgepeitschter See, die wie ein wilder Mustang versuchte uns von ihrem Rücken zu werfen. Davon unbeirrt erklomm die Prinzessin jeden der bis zu 12meter hohen Wellenberge, nur um sich danach knarzend in das nächste Tal zu stürzen, während schäumende Gischt über das Deck fegte.

Ich klammerte mich an den massiven Holzrahmen meiner Koje und war froh, dass die Matratze meinen freien Fall nach jedem Wellentalsturz mehr oder weniger weich abfing. Sollte ich also je eine Astronautenlaufbahn einschlagen, so hatte ich das mit dem Parabelflug-Training bereits hinter mir.

Verschiedenste Geräusche mischten sich unter das schwere, marschierende Stampfen der Maschine: Der Sturm heulte, die Wellen brachen sich krachend am Rumpf, alles was nicht niet- und nagelfest war schepperte zu Boden, Türen knallten. Aber da war auch noch ein anderes, sonderbares Geräusch. Es klang fast wie der gurgelnde Paarungsruf von Seelöwen. Schnell war klar, dass einige von uns seekrank waren und ein Herr darunter besonders litt. – Dieser “liebestolle Seelöwe” hatte nach etwa 20 Minuten alle seine Reserven aufgebraucht und klang die folgenden 4 Stunden wie eine alte, trockengelaufene Wasserpumpe.
Der saure Geruch mischte sich mit dem von Salzwasser.

Nach Stunden, die mir wie Stunden vorkamen, wurde dieser Geruch langsam durch den Duft von frischem Kaffee, Toast und Bacon verdrängt und es kam wieder Hoffnung unter uns auf. Erlösend durchschnitt der helle Klang der Schiffsglocke das Ambiente einer mittelalterlichen Folterkammer mit all ihrem wehklagenden Gewimmere der letzten Nacht.

“Frühstück!” Der Teddybar-Kapitän erwartete uns bereits in der Messe und begrüßte uns mit einem unerträglich fröhlichen “Guten Morgen!” Unglaublich. Dieser Mann war genauso ausgeruht und gut gelaunt wie am Vorabend.
“Lasst uns Tauchen gehen” strahlte er.

Bleiche, geisterhafte Silhouetten um mich herum. Niemand sprach, da alle zu sehr damit beschäftigt waren, in dieser Dimension zu bleiben, und heißer Kaffee oder Tee war die Waffe der Wahl. Dann durchbrach Andrew diese gespenstische Stille mit einem fröhlichen “Guten Morgen” und seinem besten Zahnpasta-Werbelächeln.

Das Briefing:
Die gute Nachricht war, dass wir eine Bucht gefunden hatten, in der wir vor dem heftigen Sturm in Deckung gehen und warten konnten, bis er sich legt. Die schlechte Nachricht war, dass wir nicht einmal die Hälfte des Weges zu unserem Ziel zurückgelegt hatten, an dem wir eigentlich gerade sein sollten – und dass der Anlasser kaputt war und wir so bald nirgendwo hinfahren würden. Während der Skipper also versuchte, den Motor zu reparieren, mussten wir warten und jeder versuchte, die Zeit so gut wie möglich zu nutzen: würfelte (ein einzigartiges und lustiges Spiel namens: Shark Dice – die Regeln habe ich unten zusammengestellt), machte Puzzles, kämpfte gegen die Seekrankheit, wartete, aß zu Mittag, wartete wieder, lief herum, machte Fotos von der rauen See, Möwen oder Seelöwen (diesmal echte).

Da ich das Mittagessen erwähne:

An dieser Stelle möchte ich mich bei dem Koch bedanken, der einen tollen Job gemacht hat: Das Essen war jeden Tag hervorragend. Besser als in den meisten Hotels und es gab sogar ein spezielles vegetarisches Essen für mich und eines der Crew-Mitglieder. Plus: Es war gar nicht so einfach, bei Sturm in der Kombüse zu arbeiten und jeden Tag frisch zubereitetes Frühstück, Mittag- und Abendessen zu präsentieren. Und die See war an keinem dieser Tage ruhig. Der Küchenchef war also einer der Mutigsten an Bord. Während alle anderen (außer der Crew natürlich) mal wieder Wasserpumpen nachstellten, im Bett lagen oder sich am Schiff festklammerten und versuchten, neben zwei verrottenden Thunfischen, die als Motivation für die Haie dienten, etwas näher zu kommen und ihren ganz eigenen Duft verbreiteten, frische Luft zu schnappen, war er in der Kombüse und bereitete leckeres Essen zu.

Eines Mittags war das Meer so schwer, dass sogar sein Gesicht die frische rote Farbe verlor, als hätte jemand den Stecker gezogen. Er arbeitete, bis er blassgrün war wie ein irisches Gespenst, bevor er hinausging, um frische Thunfischluft zu schnappen (und ich meine nicht irgendeine tropische Fluggesellschaft). Nach einer 2-3-minütigen Erholungsphase ging er wieder hinein, um das Kochen fortzusetzen. Das musste er mehrere Male wiederholen. Das Essen war, wie bereits erwähnt, köstlich. Also nochmal: Ein Hoch auf den Koch.

Aber nun zurück zur Geschichte. Später am Nachmittag waren wir und die Princess II bereit, zu den Tauchgründen aufzubrechen und mussten nur noch auf das nächste Wetterfenster warten. Immer noch dort, an der gleichen Stelle nach Einbruch der Dunkelheit, suchte Andrew mit einem Scheinwerfer das Meer nach Haien ab. Das erste, was wir sahen, war ein großer Tintenfisch und kurz darauf sah ich meinen ersten Hai im Freiwasser und ich fühlte mich großartig.

Die folgende Nacht war im wahrsten Sinne des Wortes erschütternd und auch etwas beängstigend, da der Sturm noch heftiger und die Wellen höher waren als in der Nacht zuvor. Die Prinzessin erklomm unbeirrt die Wellen und ich verbrachte die Nacht mit dem letzten Teil meines Astronautentrainings, um dann endlich von der  Frühstücks-Glocke gerettet zu werden. Zu Beginn ist eine Fahrt bei so einem Wetter spannend und lustig, später wird es allerdings sehr anstrengend, wenn man nicht richtig schlafen kann. Obwohl die Erfahrung während des Tages wirklich lohnend war. Als ich die Kabine verließ und nach oben zu den anderen ging, bemerkte ich, dass die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren liefen und es ein guter Tag für den Oberflächenkäfig war. Wenn sich das Wetter weiter aufklären würde, wäre es sogar gut genug, um später am Tag auf den Meeresboden hinunter zu gehen.

Allerdings hatte ich einen wirklich schlechten Start in den Tag. Ich war müde, frustriert und unschlüssig, ob ich das Käfigtauchen überhaupt machen sollte oder nicht. Dazu muss man wissen, dass mein Kumpel erstmal die Zuschauertour für mich gebucht hatte – man bleibt die ganze Zeit an Deck und versucht, von dort aus einen Blick auf einen Hai zu erhaschen – mit der Option auf ein Upgrade. Ich ging also vom Deck zurück in unsere Kabine, wo er seine Kamera vorbereitete und ich erzählte ihm von meiner Stimmung und dass ich überlegte, an Bord zu bleiben. Er überprüfte noch immer seine Ausrüstung, sah mich kurz an und seine einzige Reaktion, bevor er sich wieder auf seine Kamera konzentrierte, war:

“Wie oft lebst Du noch mal?”

Alles war klar, kein weiteres Wort nötig – ich nickte nur und drehte mich auf dem Absatz um, um sofort zu Andrew zu gehen und ihn um das Upgrade zu bitten.

Tja, manchmal braucht es nicht viel, um jemandem das Offensichtliche zu zeigen, oder? – Nochmals vielen Dank, lieber Freund.

Andrew reichte mir die Ausrüstung und erklärte mir die Prozedur, während ich Anzug und Schuhe anzog. Dann sagte Andrew zu Mike, er solle mich das Beatmungsgerät ausprobieren lassen, um mich daran zu gewöhnen, bevor ich den Käfig betrete. Dies war mein drittes Mal im Freiwasser (das erste Mal mit Walhaien, das zweite Mal mit Mantas) und das allererste Mal mit einer Atemmaske.

OK, noch fünf Minuten, dann ging die erste Gruppe rein. Adrenalin, Stolz, Glück …

Ich setzte die Haube auf – dann Vaseline auf meinen Schnurrbart, um die Lücken zwischen Oberlippe und Maske richtig abzudichten (was eine übliche Prozedur ist). Nachdem ich das getan hatte, drehte ich mich um und fand einen anderen Taucher, der direkt vor mir stand und mich anstarrte. Seine Augen weiteten sich, er wurde leicht blass und warf einen verstörten Blick auf meine Oberlippe. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich begriff, was vor sich ging. “Oh, das … nein, es ist nicht das, wonach es aussieht …, es ist Vaseline, kein Rotz.” Wir lachten beide, er entspannte sich sofort, seufzte erleichtert und begann wieder gut auszusehen. Immer noch kichernd, zog ich mir Maske und Handschuhe an. So vorbereitet, ging ich die zwei Stufen zur Plattform auf Wasserhöhe hinunter, was gar nicht so einfach war, da die See noch etwas rau war.

Ich setzte mich hin, zog die Weste an, um das Gewicht für einen groben Trimm zu erhöhen, bekam die Atemschutzmaske gereicht, und: Ich war drin! Keinerlei Gewöhnungsbedarf, keinerlei Angst, nur Faszination und Behaglichkeit – aber kein Hai.

Die Bühne ist vorbereitet, das Publikum war da, aber die Diva war noch nicht in der Stimmung, sich zu zeigen. Das war aber nicht weiter schlimm, denn die ungewohnte Umgebung war so faszinierend, ich hatte genug zu gucken: Das Sonnenlicht, das sich in den Wellen brach, die Fischschwärme um uns herum, das tiefe Blau unter uns, alles war so neu für mich.

Nur ein paar Minuten später betrat der Star die Bühne und man konnte erkennen, dass es ein echter Profi war. Er schwamm so beeindruckend und selbstbewusst vorbei. Es war atemberaubend (allerdings nicht buchstäblich – dank des Atemgeräts).

Da war ich nun: Von Angesicht zu Angesicht mit diesen anmutigen und unerbittlichen Apex Predators in ihrem eigenen Lebensraum. Was für ein außergewöhnliches Erlebnis!

Als ich nach etwa einer Stunde wieder aus dem Wasser kam, wartete ein sichtlich beeindruckter Andrew auf mich und schüttelte mir die Hand: “Herzlichen Glückwunsch, Mr. Sharkdiver! You’re a natural!” Wow, was für ein Start. Und das war nur der Anfang, denn wir gingen zweimal am Tag für jeweils etwa eine Stunde in den Käfig.

Wissenschaftlicher Hintergrund über Haie

8 Dinge, die Sie über Weiße Haie wissen sollten

Wir alle wissen, dass sie überragende Jäger sind, die gelegentlich Menschen angreifen, aber es gibt noch eine ganze Menge mehr über diese mächtigen Meeresräuber, schreibt Bernie Hobbs.

1. Sie waren nicht immer “groß”
Vor Mitte der 1970er Jahre waren diese unglaublichen Raubtiere in Australien einfach als Weiße Haie oder Weißspitzenhaie bekannt. Der Name “Weißer Hai” wurde 1975 durch den Film “Der weiße Hai” weltweit bekannt. Und er ist hängen geblieben. Nach Millionen von Jahren der evolutionären Feinabstimmung haben sie sich den Titel wohl verdient!

2. Weiße Haie sind Meister der Ausdauer
Diese Haie können unglaubliche Strecken zurücklegen – über 3000 Kilometer in einem Monat. Sie können in drei Wochen von Tasmanien nach Neuseeland schwimmen! Mit drei bis vier Kilometern pro Stunde ist die Reisegeschwindigkeit eines Weißen Hais etwas langsamer als die eines olympischen Schwimmers, aber sie können sie über 100 Kilometer lang beibehalten, den ganzen Tag, jeden Tag. Und wenn sie auf der Jagd sind, können sie für kurze Zeit bis zu 55 Stundenkilometer schnell werden. Weiße Haie können Tiefen von bis zu 1,2 Kilometern bewältigen, in denen der Druck über 120-mal höher ist als auf Meereshöhe. Und sie schwimmen in Wassertemperaturen, die von kälter als Ihr Kühlschrank (3 Grad Celsius) bis zu warmen 27 Grad reichen.

3. Es gibt einen Grund, warum sie so freakig aussehen, wenn sie zubeißen
Weiße Haie entblößen ihre Zähne und rollen ihre Augen zurück in den Kopf, wenn sie angreifen, und das nicht, um den Angstfaktor für ihre Beute zu erhöhen. Diese beiden Bewegungen bringen die Kiefer und Zähne des Hais in die beste Angriffsposition, schützen aber gleichzeitig die Augen des Hais – eine praktische Sache, wenn seine Beute, meist Robben oder Rochen, Krallen oder Widerhaken hat und sich wehren kann. Die Augendrehung ist mehr als nur ein einfaches Augenrollen bei Weißen Haien. Wenn die Augen vollständig zurückgerollt sind, liegt ein unglaublich zäher Klumpen weißer Knorpel frei, der die Sehorgane schützt. Die Bewegung, bei der die Zähne entblößt werden, wird Palatoquadrat-Protrusion genannt und ist das Ergebnis von Muskeln, die den Kiefer des Hais nach vorne drücken, während die Haut um das Maul herum zurückgehalten wird. Als Knorpelfisch – ohne Knochen – ist der Kiefer des Hais eigentlich ziemlich flexibel, und die Muskeln, die ihn kontrollieren, sind unglaublich stark. In der normalen Kieferposition sind die Zähne des Weißen Hais weiter zurückgesetzt, so dass sie beim Schwimmen keinen Widerstand erzeugen.

4. Sie greifen wirklich von unten an
Es ist der so genannte Polaris-Angriff, bei dem es um Täuschung und Kraft geht. Weiße Haie sind Raubtiere, die aus dem Hinterhalt angreifen. Sie schleichen unter der Meeresoberfläche umher und suchen oben nach Beute. Mit seinem enorm kräftigen Schwanz schießt der Weiße Hai hoch und beißt seine Beute, während er sie nach oben und aus dem Meer schleudert. Der große Blutverlust durch den Biss bedeutet, dass die anfängliche Wunde oft tödlich ist, was wiederum dem Hai ermöglicht, das Risiko einer Augenverletzung durch einen längeren Kampf zu begrenzen.

5. Ihre Zähne sind nicht entbehrlich
Während sie im Laufe ihres Lebens Tausende von Zähnen produzieren können, hat ein Weißer Hai zu jeder Zeit nur etwa 70-80 funktionstüchtige Zähne, und die meisten davon befinden sich in einer einzigen Reihe, mit einigen Mehrfachen in der Mitte des Unterkiefers. Die Zähne werden ersetzt, wenn sie verloren gehen, aber es ist nicht so, dass die neuen Zähne einfach wie bei einem Vampir eingesetzt werden. Es kann viele Wochen oder sogar Monate dauern, einen erwachsenen Zahn durch einen zu ersetzen, der sich noch im Kiefer entwickelt. Beschädigte Zähne sind schlechte Nachrichten für ein Raubtier, daher werden die Zähne des Hais routinemäßig ersetzt, ob sie es brauchen oder nicht.

6. Ihre Nasen spüren elektrische Felder auf
Weiße Haie verlassen sich nicht nur auf ihr Sehvermögen, um Beute zu verfolgen. Wie alle Haie haben sie spezielle Rezeptorporen unter ihren Nasen (Lorenzinische Ampullen), die die extrem winzigen elektrischen Felder erkennen, die alle Lebewesen umgeben. Dieses zusätzliche sensorische System ermöglicht es ihnen nicht nur, Beute im Dunkeln und bei hoher Geschwindigkeit zu verfolgen. Es ist so außerordentlich empfindlich, dass viele Haie und Rochen es nutzen, um während großer Wanderungen zu navigieren, indem sie das Magnetfeld der Erde anzapfen.

7. Sie bringen lebende Junge zur Welt
Über die Fortpflanzung bei Weißen Haien ist sehr wenig bekannt. Sie werden etwa 70 Jahre alt und die Weibchen erreichen die Geschlechtsreife ein paar Jahre später als die Männchen, mit etwa 15 Jahren – möglicherweise sogar erst mit 30 Jahren. Nach der Paarung legt der weibliche Weiße Hai Eier in seinem Körper ab, die sich in der Gebärmutter entwickeln und schlüpfen. Das erste Hai-Welpen, das schlüpft, frisst möglicherweise unbefruchtete Eier, ein Prozess, der als “Oophagie” bekannt ist. Nach etwa einem Jahr der Trächtigkeit wird ein Wurf von zwei bis zu 10 voll entwickelten Jungtieren geboren und diese sind etwa 1,2 bis 1,5 Meter lang.

8. Wir wissen sehr wenig über sie
Die Fortpflanzung ist nicht das einzige Merkmal der Weißen Haie, über das wir nicht genug wissen – sie sind unglaublich schwer zu erforschen, und das nicht nur, weil sie riesige, im Meer lebende Fleischfresser sind. Weiße Haie stehen an der Spitze der Nahrungskette im Ozean und sind daher zwangsläufig selten, was es sehr schwierig macht, sie zu zählen und aussagekräftige Daten zu erhalten. Mit Hilfe von Satellitensendern konnten australische Wissenschaftler die unglaublich beeindruckenden Wanderungen von rund 50 Weißen Haien.

(Source: CSIRO)

Die geschlechtsreifen Haie dieser Populationen durchstreifen die Meere auf gemeinsamen Korridoren – wie Hai-Autobahnen – und machen unterwegs an ihren Lieblingsplätzen Halt. Genetische Studien haben gezeigt, dass es zwei verschiedene australische Weißhai-Populationen gibt – eine östliche und eine westliche, die grob durch die Bass Strait getrennt sind. Durch die Markierung wurden auch zwei östliche Kinderstuben ausfindig gemacht, in denen sich junge Weiße Haie von bis zu 2,6 Metern Länge im Frühjahr und Sommer versammeln: eine vor Port Stephens in NSW und eine vor Wilsons Promontory in Victoria. Forschungen wie diese vermitteln uns eine bessere Vorstellung von den vorhandenen Populationen, ihrem Verhalten und den Auswirkungen unserer Aktivitäten und anderer Veränderungen auf sie. Ein langsam wachsender Spitzenprädator mit geringer Reproduktionsrate wie der Weiße Hai wird auf Populationsebene immer anfällig sein. Wenn wir mehr über sie erfahren, können wir nicht nur fundiertere Managemententscheidungen treffen, sondern auch die wichtige Rolle dieser Spitzenprädatoren für die Erhaltung der Ökosysteme der Ozeane verdeutlichen.

Dank an Weißer Hai Experte Andrew Fox und Dr Rachel Robbins von der Fox Shark Research Foundation.

Mehr Informationen über den Weißhai
(Carcharodon carcharias)

Diese große lamellenförmige Haiart ist in den Küstengewässern aller großen Ozeane zu finden. Der Weiße Hai ist vor allem für seine Größe bekannt. Ausgewachsene Exemplare werden bis zu 6,4 m lang (obwohl es Berichte über Weiße Haie gibt, die über 8 m lang und 3.300 kg schwer sind).

Dieser Hai erreicht seine Geschlechtsreife im Alter von etwa 15 Jahren und wurde früher für eine Lebensspanne von über 30 Jahren gehalten. Die tatsächliche Lebensspanne des Weißen Hais ist weitaus länger; sie wird heute auf 70 Jahre oder mehr geschätzt, was ihn zu einem der am längsten lebenden Knorpelfische macht, die derzeit bekannt sind. Weiße Haie können auf über 56 km/h (35 mph) beschleunigen.

Der Weiße Hai hat außer dem Orca keine natürlichen Fressfeinde. Er ist wohl der weltweit größte bekannte Makropredator und einer der wichtigsten Räuber von Meeressäugern. Er ist auch dafür bekannt, dass er eine Vielzahl anderer Meerestiere, darunter Fische und Seevögel, erbeutet.

Anatomie und Aussehen
Der Weiße Hai hat eine robuste, große, konische Schnauze. Die oberen und unteren Lappen der Schwanzflosse sind ungefähr gleich groß, ähnlich wie bei einigen Makrelenhaien. Der Weiße Hai weist eine Gegenschattierung auf, d. h. er hat eine weiße Unterseite und einen grauen Rückenbereich (manchmal in einem braunen oder blauen Farbton), der ihm ein insgesamt gesprenkeltes Aussehen verleiht. Diese Färbung macht es für Beutetiere schwierig, den Hai zu erkennen, da sie die Konturen des Hais von der Seite betrachtet aufbricht. Von oben betrachtet, verschmilzt der dunklere Farbton mit dem Meer, und von unten betrachtet, hebt sich die Silhouette nur minimal vom Sonnenlicht ab.

Weiße Haie haben Reihen von gezackten Zähnen hinter den Hauptzähnen, um abgebrochene Zähne ersetzen zu können. Wenn der Hai zubeißt, schüttelt er seinen Kopf von einer Seite zur anderen, was den Zähnen hilft, große Fleischbrocken abzusägen.

Anpassungen
Weiße Haie verfügen wie alle anderen Haie über einen zusätzlichen Sinn, die Lorenzinischen Ampullen, mit denen sie das elektromagnetische Feld wahrnehmen können, das von der Bewegung lebender Tiere ausgeht. Jedes Mal, wenn sich ein Lebewesen bewegt, erzeugt es ein elektrisches Feld, und Weiße Haie sind so empfindlich, dass sie ein halbes Milliardstel Volt wahrnehmen können. Selbst Herzschläge geben einen sehr schwachen elektrischen Impuls ab. Wenn der Hai nahe genug ist, kann er sogar diesen schwachen elektrischen Impuls wahrnehmen. Die meisten Fische haben einen weniger entwickelten, aber ähnlichen Sinn, der die Seitenlinie ihres Körpers nutzt.

Um schnelle und wendige Beutetiere wie Seelöwen erfolgreicher jagen zu können, hat sich der Weiße Hai so angepasst, dass seine Körpertemperatur wärmer ist als die des umgebenden Wassers. Eine dieser Anpassungen ist ein “rete mirabile” (lateinisch für “wunderbares Netz”). Diese enge, netzartige Struktur aus Venen und Arterien, die sich entlang jeder Seite des Hais befindet, bewahrt die Wärme, indem sie das kühlere arterielle Blut mit dem venösen Blut erwärmt, das durch die arbeitenden Muskeln erwärmt wurde. Auf diese Weise werden bestimmte Körperteile (insbesondere der Magen) auf einer Temperatur gehalten, die bis zu 14 °C über der des umgebenden Wassers liegt, während das Herz und die Kiemen auf Meerestemperatur bleiben.

Um Energie zu sparen, kann die Körperkerntemperatur sinken, um sich der Umgebung anzupassen. Die Fähigkeit des Weißen Hais, seine Kerntemperatur zu erhöhen, ist ein Beispiel für Gigantothermie. Daher kann der Weiße Hai als endothermes poikilothermes Tier betrachtet werden, da seine Körpertemperatur nicht konstant ist, sondern von innen heraus reguliert wird. Weiße Haie sind auch auf die in ihrer Leber gespeicherten Fette und Öle angewiesen, wenn sie über weite Strecken durch nährstoffarme Gebiete der Ozeane wandern. Studien der Stanford University und des Monterey Bay Aquariums, die am 17. Juli 2013 veröffentlicht wurden, haben ergeben, dass die Leber von Weißen Haien nicht nur den Auftrieb der Haie steuert, sondern auch für die Wanderungsmuster von entscheidender Bedeutung ist. Es wurde festgestellt, dass Haie, die bei Strömungstauchgängen schneller sinken, ihre internen Energiespeicher schneller aufbrauchen als Haie, die bei einem Tauchgang in gemächlicheren Tempo sinken.

Meeresbiologen liegen keine genauen Zahlen über die Population der weißen Haie vor, aber sie werden nur sehr selten gesichtet und sind laut der International Union for Conservation of Nature and Natural Resources derzeit als gefährdet eingestuft.

Fortpflanzung
Über die Fortpflanzung von Weißen Haien ist fast nichts bekannt. Einiges deutet darauf hin, dass ein großes Festmahl (z. B. ein Wal-Kadaver) möglicherweise zur Paarung anregt und fast einschläfernd wirkt. Weiße Haie wachsen langsam: Männchen erreichen die Geschlechtsreife im Alter von 9 oder 10 Jahren, während die Weibchen mit 14 bis 16 Jahren geschlechtsreif sind. Ursprünglich ging man von einer maximalen Lebenserwartung von über 30 Jahren aus. Eine Studie der Woods Hole Oceanographic Institution ergab jedoch, dass die tatsächliche Lebenserwartung des Weißen Hais bei bis zu 70 Jahren oder mehr liegt, wobei Untersuchungen der Anzahl der Wachstumsringe in den Wirbeln ein Alter von 73 Jahren bei dem ältesten Männchen und 40 Jahren bei dem ältesten Weibchen der Studie ergaben.


Über das Paarungsverhalten des Weißen Hais ist nur wenig bekannt. Geburten wurden noch nie beobachtet, aber trächtige Weibchen wurden untersucht. Weiße Haie sind ovovivipar, was bedeutet, dass sich die Eier in der Gebärmutter entwickeln und schlüpfen und sich bis zur Geburt weiter entwickeln. Die kräftigen Kiefer der Haiwelpen entwickeln sich bereits im ersten Monat. Im Mutterleib ernähren sich die Embryos der Weißen Haie von unbefruchteten Eiern, was als Oophagie bezeichnet wird. Es sieht nicht so aus, als würden sie die befruchteten Eier fressen, wie es bei einigen anderen Haiarten der Fall ist, aber sie können ihre eigenen Zähne verschlucken, wenn sie sie wegen des Kalziums verlieren.

Die Trächtigkeitsdauer wird auf 12 bis 18 Monate geschätzt, was jedoch weitgehend spekulativ ist. Die Wurfgröße des Weißen Hais liegt zwischen zwei und 10 Jungtieren, es wurden aber auch schon Würfe mit bis zu 17 Jungtieren dokumentiert. Bei der Geburt sind die Jungtiere des Weißen Hais 1,5 Meter groß und wiegen etwa 35 Kilogramm.

Aufgrund der langen Tragezeit ist es möglich, dass weibliche Weiße Haie alle zwei Jahre Junge zur Welt bringen und sich nach der Paarung eine Zeit lang ausruhen. Diese niedrige Reproduktionsrate und das langsame Wachstum bis zur Geschlechtsreife sind für Haischützer ein Grund zur Sorge. Die Wissenschaftler sind daran interessiert, mehr über die Fortpflanzungsgewohnheiten der Haie zu erfahren, damit sie besser wissen, welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind.

Wie bereits erwähnt, sind die Weißen Haie zahlreichen Bedrohungen durch den Menschen ausgesetzt, darunter der Fischfang nach Flossen und Zähnen und die Jagd als Sport.