Kein Blatt vor den Mund nehmen

Wenn jemand offen, direkt und ehrlich seine Meinung sagt – auch wenn es unangenehm wird – dann sagen wir oft:
„Der nimmt aber kein Blatt vor den Mund!“

Doch was soll das eigentlich bedeuten – und woher kommt dieses merkwürdige „Blatt“?

Noch vor einigen Jahrhunderten gab es tatsächlich Menschen, die ganz wortwörtlich ein – oder eben kein – Blatt vor den Mund nahmen. Allerdings konnte man das nur auf der Theaterbühne beobachten, denn genau von dort stammt die Redewendung ursprünglich.

In vielen Theaterstücken jener Zeit – vor allem in der Komödie – ging es ziemlich schonungslos zur Sache. Kein Thema war tabu, kein Rang zu hoch: Selbst Könige und Staatsmänner wurden verspottet, kritisiert oder lächerlich gemacht. Damit die Schauspieler für ihre gewagten Aussagen nicht persönlich zur Verantwortung gezogen wurden, versteckten sie sich hinter Masken.

Doch in den frühen Tagen des Theaters standen solche Masken noch nicht zur Verfügung. Stattdessen verwendete man einfache Mittel – etwa ein Blatt Papier oder Tuch, das vor den Mund gehalten wurde, um die eigene Identität zu verbergen.

Wer also den Mut hatte, sein Gesicht zu zeigen und seine Worte ungeschönt auszusprechen, verzichtete auf das schützende Blatt – und nahm im wahrsten Sinne kein Blatt vor den Mund.